Einbandforschung, Heft 39, Oktober 2016
Dedikationsband der AEB für die Universitätsbibliothek Augsburg
Gelbe Pergamentbroschur
Schwarz bedruckte gelbe Vorsatzblätter
unter den Einschlagklappen
Sichtbare Heftung
Bedruckter Ganzgewebeklappkasten
mit drei signierten Originalgrafiken in
einer Mappe
Von Innen nach Außen, von Außen nach Innen
Wie Ausgrabungen belegen, war es wohl schon immer ein Anliegen des homo creativus Flächen durch Eingriffe (Ritzungen, Ziselierungen, Prägungen und vieles mehr) zu definieren. Auch die Flächen im Buch und ums Buch herum wurden von alters her mit Zeichen, Linien, Rauten und Rechtecken nicht nur gegliedert sondern unter Umständen auch mit Ornamenten gefüllt. Anders als autonome Bilder, oder Grafiken, bleiben die verschiedenen Flächen des Buches im wahrsten Sinne des Wortes eingebunden. Eingebunden in einen räumlich und zeitlich an einer Zentralachse hängenden beweglichen Körper.
Mir geht es um nichts anderes: Vorsatz, Deckelinnen- und Außenseiten von Innen nach Außen und von Außen nach Innen durch neue Ordnungen zu definieren. Fragmentierungen, Überschneidungen und Überlagerungen sehr einfach konstruierter Elemente, sind meine Mittel der Wahl, die ich nicht müde werde abzuwandeln oder neu zu ordnen. Es macht für mich keinen Unterschied, ob ich eine Struktur oder Komposition aus der Gebundenheit befreie und in die Autonomie überführe oder umgekehrt. Alles kann anverwandelt werden oder fügt sich von selbst. Die geometrische Form ist gegeben und macht Ansprüche geltend. Die Farben wandern vom Schwarz zum Weiß, von der Mehrfarbigkeit der Bilder im Innern zur gelborangen Transluzidität des Pergaments weiter zum leuchtenden Gelb des Papiers, mit dem Oker ein wenig aneinander geratend, um im Graugrün dem Schwarz auf Gelb in horizontalen, vertikalen und diagonalen Formatierungen zu begegnen.
Meine ältesten Weggefährten sind Sprache und Zeichnung. Das Buchbinden kam später dazu und hat sich mit einigen Unterbrechungen insofern durchgesetzt, als es in Verbindung mit der Restaurierung den Lebensunterhalt sichern konnte. Die Wanderjahre ab 1961 in Paris (Sprache, Literatur, Handvergolden), Essen (Folkwangschule), Kunstsammlungen der Veste Coburg (Grafikrestaurierung), Ascona (legatoria artistica) und Brüssel (École de la Cambre) führten1977 zur eigenen Werkstatt und zur Freiberuflichkeit.
Geschult an verschiedensten Formulierungen der Kunst, fand ich schließlich meinen Weg Bildende Kunst und Bildendes Handwerk unter einen Hut zu bringen – dem Wandern zwischen den Welten in vielfältiger Form Ausdruck zu verleihen. An der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle hatte ich dann von 1995-2006 die wundervolle Gelegenheit, dieses Wandern zwischen den Welten in meinem Fachbereich „Konzeptkunst Buch“, dank vieler begabter Studierender, zur Blüte zu bringen. Es konnte reichlich Frucht heranreifen. Die Kunst des Büchermachens hat mit ihnen einen neuen Aufschwung genommen, wie man u. a. an den Aktivitäten der altehrwürdigen Vereinigung MDE (Meister der Einbandkunst) sehen kann. Es wurden einige markante Zeichen gesetzt von denen auch die AEB profitierte. Wenn sich in Deutschland die eine oder andere Bibliothek ihrer Verantwortung gegenüber diesem besonderen Bildenden Handwerk bewusst würde und kontinuierlich die historischen Einbandbestände mit zeitgenössischen ergänzte, dann wäre der Fortbestand dieser sehr alten Kultur gesichert.








